Vom einfachen Schlosser zum Seligen

Aufhebens um seine Person wollte Eustachius Kugler (1867 bis 1946) nie. Der langjährige Provinzial der Barmherzigen Brüder war bekannt für seine zurückhaltende Art. Ausgelatschte Schuhe, eine abgewetzte Aktentasche, ein abgetragener Habit und ein alter Hut – so kannten ihn die Leute. Auf Äußerlichkeiten legte er keinen Wert. Seine Sorge galt den Kranken und Behinderten. Das konnten auch die Nazis nicht unterbinden. Mit Einsatz und Gottvertrauen schaffte es der Ordensmann zudem ein Krankenhaus hinzustellen, das weithin als vorbildhaft galt. Am 4. Oktober wird Frater Eustachius nun im Regensburger Dom zur Ehre der Altäre erhoben.

Lang mussten die Barmherzigen Brüder auf dieses Ereignis warten. Schon 1963 hatte der Orden das Seligsprechungsverfahren eingeleitet, aber erst am 17. Januar dieses Jahres war von Papst Benedikt XVI. ein Wunder anerkannt worden. Die Verehrer Kuglers waren da schon seit Jahren überzeugt, dass er ihnen bei gesundheitlichen Leiden, mit denen der Bruder selbst zu kämpfen gehabt hatte, geholfen habe. Viele Dankesschreiben für die wiedererlange Gesundheit zeugen von diesem Vertrauen.

Dass aus Kugler einmal ein Seliger werden sollte, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Der kleine
Joseph wuchs in ärmlichen Verhältnissen in Neuhaus im Bayerischen Wald auf. Nach dem Tod des Vaters musste der Bub mit 14 Jahren von der Volksschule abgehen. Um für die Familie Geld zu verdienen, absolvierte er in München eine Schlosserlehre. In den letzten Tagen der Ausbildung passierte dann das Unglück. Beim Sturz von einem vier Meter hohen Gerüst zog sich Kugler einen komplizierten offenen Bruch am rechten Fuß zu. Die Gesellenprüfung legte er noch ab, doch in seinem Beruf konnte er nicht mehr arbeiten.

Aufnahme fand er bei seiner Schwester. Deren Ehemann, ein Schmied, ließ den Schwager im
Familienbetrieb in Reichenbach mitarbeiten. Bald bürgerte sich ein, dass der hinkende Kugler immer sonntags den Rosenkranz in der örtlichen Klosterkirche vorbetete, was ihm im Dorf den Namen „Klostersepp“ einbrachte. Als die Barmherzigen Brüder 1891 das frühere Benediktinerkloster erwarben, um eine Pflegeanstalt für Geisteskranke einzurichten, half Kugler bei den Bauarbeiten und fing an, sich für den Orden zu interessieren. Ausschlaggebend mag mit gewesen sein, dass der Subprior sich der Bein-Verletzung annahm und die offene Wunde schließen konnte.

Kurz vor seinem 26. Geburtstag trat Kugler in den Orden ein und erhielt den Namen „Eustachius“. Als 1894 endgültig über seine Aufnahme entschieden wurde, lehnten ihn die Mitbrüder wegen der Gehbehinderung ab. Doch auf Weisung der Leitung musste die Abstimmung wiederholt werden – und fiel positiv aus. Im Laufe der Zeit wirkte Frater Eustachius in mehreren Einrichtungen, bis er 1905 Prior in Straubing wurde, später in Gremsdorf, danach in Neuburg. 1925 wählte ihn das Provinzkapitel zum Leiter der Bayerischen Ordensprovinz. Viermal wurde er wiedergewählt, im Zweiten Weltkrieg behielt er das Amt automatisch.

Zu seinen größten Leistungen zählt der Bau des Krankenhauses in Regensburg mit 450 Betten, für das Kugler einen Stararchitekten beauftragte. Auf das Risiko der Finanzierung von 8,3 Millionen Reichsmark angesprochen, antwortete er: „Das habe ich mit meinem Herrgott schon abgemacht. Da fehlt nichts.“ Die Nazis machten dem Orden nach ihrer Machtübernahme das Leben schwer. Brüder wurden zum Kriegsdienst eingezogen, Einrichtungen geschlossen und der Provinzial stundenlang verhört. Seine Kraft schöpfte er aus dem Gebet, vor allem aus dem Rosenkranz. Während der rund 20 Luftangriffe auf die Messerschmidt-Werke, die in unmittelbarer Nachbarschaft der Regensburger Klinik lagen, kniete Kugler in der Hauskapelle vor dem Tabernakel. Dass das Krankenhaus verschont blieb, führten viele Regensburger auf sein inständiges Beten zurück. Der Provinzial starb 1946 im Alter von 79 Jahren an den Folgen von Magenkrebs. Seit 1982 befinden sich seine Gebeine an der Südseite der Krankenhauskirche St. Pius in Regensburg.
(KNA – 090217-LD-1240.37YU-2)

Von Barbara Just (KNA)

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Geschrieben am 19. August 2009

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