Josef Kugler – junger Mann aus bescheidenen Verhältnissen

Frater Eustachius wurde am 15. Januar 1867 als Josef Kugler in dem kleinen oberpfälzischen Dorf Neuhaus am Regen geboren. Sein Vater war Hufschmied und Kleinbauer, seine Mutter, die Häuslerstochter Anna Maria Schuster, stammte ebenfalls aus sehr einfachen Verhältnissen. Josef kam als jüngstes von sechs Kindern zur Welt. (Anfahrtsskizze Neuhaus in 93149 Nittenau)

Von 1873 bis 1880 besuchte er die Volksschule in Nittenau. Als Erstklässler bereits wurde er Halbwaise. Sein Vater verstarb am 31. März 1874, erst 51 Jahre alt. Das war ein harter Schlag für die Familie, die ihren geliebten Vater und ihren Haupternährer verloren hatte. Josef musste nach Abschluss der Volksschule so schnell wie möglich einen Beruf erlernen, für eine weitere schulische Ausbildung des Jungen standen keine Mittel zur Verfügung.

Seine Geschwister Franz und Katharina, die beide in München lebten, vermittelten ihm eine Stelle als Bauschlosserlehrling in der Landeshauptstadt. 1881 trat er die Stelle an. Es folgte eine harte Lehrzeit, in der er als Lehrling viele Schikanen über sich ergehen lassen musste. Bei einem Lohn von 10 Pfennig pro Tag konnte er sich nicht einmal ein richtiges Abendbrot leisten.

Jugendlicher Berufsinvalide

Gegen Ende seiner Lehrzeit — das genaue Datum ist unbekannt — ereignete sich dann jener dramatische Unfall, an dessen Folgen Josef Kugler ein Leben lang litt: Wohl nach einer Auseinandersetzung mit einem Altgesellen stürzte er von einem drei bis vier Meter hohen Gerüst. Er zog sich einen komplizierten offenen Bruch am rechten Fuß zu. Der Sturz machte Josef berufsunfähig und beraubte ihn so jeglicher Lebensgrundlage. Seine Gesellenprüfung konnte er noch ablegen, doch der schweren Belastung auf dem Bau war er durch seine schlecht verheilende Fußverletzung nicht mehr gewachsen. In seiner Not und Hilflosigkeit konnte er jedoch voll und ganz auf seine Familie bauen. Seine älteste Schwester Margarethe (*1856) holte ihn im November 1885 zu sich nach Reichenbach am Regen. Sie war verheiratet mit dem Landwirt Josef Spitzer, auf dessen Hof er zunächst mitarbeiten konnte.

Bald jedoch wechselte Josef Kugler in Reichenbach in den Familienbetrieb einer anderen Schwester über. Katharina Kugler hatte den Schmied Josef Reichenberger geheiratet. Josef Kugler hatte nun die Möglichkeit, im Betrieb seines Schwagers in seinem erlernten Beruf als Schlosser mitzuarbeiten.

In dieser Zeit wurde die ehemalige Reichenbacher Klosterkirche als Filialkirche der Pfarrei Walderbach für gelegentliche Gottesdienste und Andachten genutzt. In der zweiten Hälfte der 1880er Jahre bürgerte es sich ein, dass Josef Kugler am Sonntagnachmittag den Rosenkranz vorbetete. Im ganzen Dorf war er, der seit seinem Unfall hinkte, deshalb mit einem zwinkernden Auge als der „Klostersepp“ bekannt.

Berührung mit den Barmherzigen Brüdern

Im Frühjahr 1891 kaufte der Orden der Barmherzigen Brüder in Bayern den Klosterkomplex des einstigen, 1118 gegründeten Benediktinerklosters Reichenbach. Hier richteten sie eine „Pflegeanstalt für Geisteskranke und Epileptiker“ ein. Beim dafür nötigen Umbau des Gebäudekomplexes erhielt der Schmied Josef Reichenberger den Auftrag für die anfallenden Schlosser‑ und Spenglerarbeiten. Sein Schwager Josef Kugler half ihm bei der Arbeit – und kam so in Berührung mit den Barmherzigen Brüdern.

Der Reichenbacher Subprior Frater Eligius Neumeier kümmerte sich um den kranken Fuß Kuglers und erreichte, dass sich die offene Wunde endlich schloss. Dieses Ereignis gab Josef Kugler den Anstoß, sich näher mit dem Orden zu befassen. Zwei Jahre lang beobachtete er in Reichenbach den aufopfernden Dienst der Barmherzigen Brüder an den Ärmsten der Armen. Dann stand für ihn fest: Hierfür lohnte es sich, sein Leben zukünftig einzusetzen. Diesem Orden wollte er angehören. Am 1. Januar 1893 — kurz vor seinem 26. Geburtstag — trat Josef Kugler als Kandidat in den Orden der Barmherzigen Brüder ein.

Aktualisiert am 9. Juli 2009