Reichenbach

Das Kloster Reichenbach war Frater Eustachius’ Heimatkonvent. Hier kam er zum ersten Mal mit den Barmherzigen Brüdern in Berührung. Nach einem schweren Sturz in seiner Lehrlingszeit in München hatte er sich ein chronisches Fußleiden zugezogen und war berufsunfähig. Deshalb lebte er seit 1886 im Hause seiner Schwester, deren Mann Schmied war und ihn ab und an für kleinere Arbeiten beschäftigen konnte. So wurde Frater Eustachius — damals noch Josef Kugler — für Schlosserarbeiten im Kloster Reichenbach angeheuert, das die Barmherzigen Brüder 1891 erworben hatten. Ihr Dienst für die Ärmsten der Armen, für Geisteskranke und Epileptiker, begeisterte ihn so sehr, dass er sich dazu entschloss, sein Leben der gleichen Aufgabe zu widmen, und 1893 in den Orden eintrat. Nach einer Zwischenstation in Bad Wörishofen kam Frater Eustachius 1895 wieder nach Reichenbach zurück und legte hier am 30. Oktober 1898 die feierliche Profess ab, bevor er Reichenbach wieder verließ.

Die Barmherzigen Brüder hatten den Klosterkomplex, der nach der Säkularisation stark heruntergekommen war, 1889 gekauft und in kurzer Zeit wieder aufgebaut. Schon am 12. April 1891 nahmen sie die ersten Menschen mit Behinderung auf. Doch bald folgten herbe Rückschläge: In den Jahren 1897, 1924 und 1959 wüteten verheerende Brände, die jedes Mal große Teile des umfangreichen Gebäudekomplexes erheblich beschädigten.

Die Einrichtung wurde über Jahrzehnte beständig erweitert und modernisiert. Heute leben in Reichenbach Männer und Frauen mit geistiger Behinderung. In der Johann von Gott – Werkstatt für Behinderte, in einer Tagesfördergruppe mit 8 Plätzen, in einer Förderstätte mit 74 Plätzen und in einer Außenwohngruppe in Bruck wird es den Menschen mit Behinderung auf der Basis des christlichen Menschenbildes ermöglicht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In der Gemeinschaft haben sie Gelegenheit, etwas zu leisten und täglich etwas dazuzulernen.

Zug um Zug wurde ab 1980 die gesamte Einrichtung durch Neubau‑ und Sanierungsmaßnahmen
im Klosteraltgebäude dem zeitgemäßen Wohnstandard angepasst. Nach und nach wurden auch verschiedene Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbad, Turnhalle und Sozialzentrum (Paulus-Schmid-Haus) gebaut.

Seit 1972 besteht die Fachschule für Heilerziehungspflege und –pflegehilfe, die 1974 ihre staatliche Anerkennung erhielt. 1992 wurde die Trägerschaft für die Offene Behindertenarbeit im Landkreis Cham übernommen, wo behinderte Menschen, die zu Hause leben, betreut werden.

Seit September 2001 wird in der Förderstätte ein Tagesbetreuungskonzept fürMenschen mit Autismus umgesetzt. Der Dienst an Menschen mit Autismus und mit schweren Behinderungen ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Barmherzigen Brüder Reichenbach. Für sie richtete der Orden in den letzten Jahren eine Förderstätte und ein Wohnheim ein.

Ambulant vor stationär ist ein wichtiger Aspekt in der Behindertenhilfe in den vergangenen Jahren. In Reichenbach hat man diesem mit einem Wohnprojekt in Bernhardswald (2011) und dem Neubau einer Förderstätte in Waldmünchen (2011) Rechnung getragen. Weitere Projekte sind in Stadt und Landkreis Regensburg für 2013 und 2014 in Planung.

Aktualisiert am 3. Juni 2013