Mit der Öffnung des Grabes von Frater Eustachius Kugler im Juni 2009 begann eine bewegte Zeit. Der einstige Provinzial der Barmherzigen Brüder, der so wenig Aufhebens um seine Person gemacht hatte, wurde nun diskutiert und gemalt. Schauspieler schlüpften in seinen Habit, Künstler schnitzten an seiner Büste, feilten an seinem Sarkophag. Ja schließlich wurde er durch die Straßen getragen, um am Ende wieder dorthin heimzukehren, wo ihn schon seit Jahrzehnten Menschen regelmäßig besucht hatten: in die Kapelle des Regensburger Krankenhauses.
Es war der Wunsch der Barmherzigen Brüder, dass die Feier der Seligsprechung Kuglers nicht auf den Festgottesdienst im Dom beschränkt bleibt. In einer Reihe von Projekten und Begegnungen sollte der Geist Kuglers lebendig werden. Ob bei einer Sternwallfahrt zu seinem Geburtsort Neuhaus, ob in einem eigens komponierten Musikspiel, bei einer Lichterprozession um das von ihm erbaute Krankenhaus, bei einer Vigil oder bei einem Dankgottesdienst in seiner Taufkirche in Nittenau. Ob bei der Eröffnung eines Eustachius-Kugler-Kunstweges in Reichenbach oder bei einem Konzert der Regensburger Domspatzen. Immer konnte man einen neuen, anderen Blick auf Kuglers Leben werfen, das im Urteil der Kirche nun als Richtschnur gelungenen Christseins bestätigt worden ist.

Das Musikspiel „erdverbunden himmelsnah“ getextet, komponiert, gespielt und gesungen von MitarbeiterInnen und Bewohnern der Einrichtung der Barmherzigen Brüder in Reichenbach erzählt die Lebensgeschichte von Frater Eustachius Kugler, des wohl bedeutendsten Barmherzigen Bruders der bayerischen Ordensprovinz. Am 15. Januar 1867 wird Josef Kugler in Neuhaus/Nittenau geboren. Als jüngstes Kind eines Hufschmieds sollte er auch Schlosser werden. Nach dem Sturz von einem
Baugerüst in München kehrte er 1884 in seine oberpfälzische Heimat zurück. Der
Orden hatte im Frühjahr 1891 im Kloster Reichenbach mit der Aufnahme und Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung begonnen. Da Josefs Schwager, seines Zeichens Schmiedemeister, mit den anfallenden Renovierungen im Kloster beauftragt wurde, konnte er täglich als Mithelfender über zwei Jahre lang die Arbeit der Barmherzigen Brüder beobachten.
Davon schwer beeindruckt, stand für ihn fest: Hierfür lohnt es sich, sein Leben zu
künftig einzusetzen. Diesem Orden wollte er angehören. Am 1. Januar 1893 trat er als Kandidat in das Kloster ein und erhielt den Ordensnamen Eustachius. Nach verschiedenen Einsätzen in anderen Häusern des Ordens, legte er am 30. Oktober 1898 in Reichenbach die feierliche Profess ab. 20 Jahre lang bewies er als Prior in verschiedenen Einrichtungen seine Geschicke als Bauherr und Organisationstalent in Krisenzeiten, immer darauf bedacht, Kranke und Menschen mit Behinderung optimal zu betreuen. Zum Höhepunkt seines Schaffens zählt sicherlich der Bau des Regensburger Krankenhauses: Er bewies sich als hervorragender Bauherr und Manager und lieferte wahre Meisterstücke zur Sicherung der Finanzierung. 1930 wurde eines der „schönsten und best ausgestatteten Krankenhäuser Deutschlands“, so der damalige Oberbürgermeister, eingeweiht.

Einrichtungsauflösungen, Verhöre durch die Gestapo und die Euthanasieverbrechen
der Nazis trafen Eustachius Kugler hart, konnten ihn aber nicht entmutigen. Er half,
wo er konnte, versuchte zu verhindern, was zu verhindern war. Für den Wiederaufbau nach dem Krieg wäre er der richtige Mann gewesen. Doch dazu blieb ihm keine Zeit mehr: Am 10. Juni 1946 starb er im Ruf der Heiligkeit.

Der Sturz vom Baugerüst macht ihn zum Menschen mit Behinderung. Doch der Oberpfälzer Bauernsohn Kugler gibt nicht auf. Als Schmiedgehilfe lernt er in Reichenbach die Barmherzigen Brüder kennen. Er ist so fasziniert, dass er um die Aufnahme in den Orden bittet. Vor allem in seiner Zuneigung zu kranken und behinderten Menschen lebt der junge Mönch Eustachius seine Berufung. 1925 wählen ihn die Mitbrüder an die Spitze der Bayerischen Provinz. Als Provinzial errichtet er mit dem Regensburger Krankenhaus nicht nur ein Modellprojekt der Krankenpfl ege. Er setzt Maßstäbe im Umgang mit den Patienten. Die Zeit des
Nationalsozialismus wird für ihn zur Zerreißprobe. Trotz Schikanen führt er seine Provinz durch die Kriegswirren. Als er 1946 stirbt, ahnen bereits viele, dass sie mit Frater Eustachius einen Heiligen und Fürsprecher zu Grabe tragen. Unzählige haben sich seither in Krankheit und Ohnmacht an ihn gewandt. Sie sind überzeugt, dass er ihnen geholfen hat und weiter hilft. Der Dokumentarfi lm von Max Kronawitter versucht nicht nur an den Originalschauplätzen, das Leben Kuglers nachzuzeichnen. Der Film stellt die Frage, wie dieser außergewöhnliche Barmherzige Bruder heute weiterlebt. Menschen berichten von ihrer Beziehung zu Kugler und erzählen, warum
der Geist dieses außergewöhnlichen Mannes nicht in Vergessenheit geraten darf.